Unabhängigkeit bewahren
Stimmt. Es ist wichtig, sich aus unterschiedlichen Quellen zu informieren. Nur so bleibt die Selbsthilfe unabhängig. Das in Selbsthilfegruppen gebündelte Erfahrungswissen, gegenseitiges Verständnis und Hilfe unter Menschen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, macht die Selbsthilfe einzigartig.
Die Bedeutung der gemeinschaftlichen Selbsthilfe hat in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Selbsthilfe ist gesellschaftlich und politisch als Ergänzung zum professionellen Versorgungssystem anerkannt. Mit der gestiegenen Anerkennung der Selbsthilfe geht aber auch eine Zunahme an Aufgaben und Erwartungen einher. Gefragt sind nicht nur die gegenseitige Hilfe innerhalb der Gruppe, sondern auch die Unterstützung von Angehörigen und außenstehenden Gleichbetroffenen. Die Gruppe soll unabhängig beraten, Informationen auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand zur Verfügung stellen und mit Fachleuten und Versorgungseinrichtungen kooperieren. Gleichzeitig soll sie die Interessen der Betroffenen in Gremien vertreten und eine moderne Öffentlichkeitsarbeit betreiben.
Diese vielfältigen und zum Teil auch widersprüchlichen Erwartungen stellen die Selbsthilfe vor Herausforderungen an ihre Organisation und ihre Ausstattung.
Unterschiedliche Geldflüsse
Selbsthilfegruppen und -vereinigungen finanzieren sich aus verschiedenen Quellen: zum Beispiel durch Förderung der gesetzlichen Krankenkassen (bei gesundheitsbezogener Selbsthilfe), der Rentenversicherungsträger oder der öffentlichen Hand, durch Mitgliedsbeiträge oder Stiftungsgelder. Manche Selbsthilfegruppen und -vereinigungen nehmen auch Spenden oder Sponsoringmittel von Unternehmen an.
Arzneimittelproduzierende Unternehmen haben eigenen Angaben zufolge in Deutschland im Jahr 2021 rund 7,7 Millionen Euro (2020 rund 6 Millionen Euro) an Patientenorganisationen gezahlt (FSA 2022). Die Spenden- und Sponsoringmittel fließen in der Regel an die Selbsthilfegruppen und -vereinigungen, zu deren Erkrankungen die Firmen Medikamente oder andere Produkte herstellen.
Noch deutlich höhere Summen gehen an Organisationen, die das Ziel haben, auf europäischer Ebene Patienteninteressen zu vertreten und Einfluss auf gesundheitspolitische Entscheidungen zu nehmen. Die Zahlungen von Pharmaunternehmen an diese Netzwerke bewegen sich zum Teil im sechsstelligen Bereich.
Autonomie gefährdet
Die Zusammenarbeit zwischen Selbsthilfegruppen und arzneimittelproduzierenden Unternehmen, Hilfsmittelherstellern oder Leistungserbringern ist nicht auf Spenden oder Sponsoring begrenzt: Zwar ist in Deutschland die Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente außerhalb von Fachkreisen verboten. Firmenlogos auf Broschüren, Internetseiten oder Plakaten von Selbsthilfegruppen und -vereinigungen sind jedoch erlaubt. Die Unternehmen versprechen sich dadurch einen direkten Zugang zu den Patientengruppen.
Der Begriff „Unabhängigkeit“ wird verstanden als Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. Er steht im Gegensatz zu Abhängigkeit. also Angewiesensein auf bestimmte Leistungen, Unterstützungen oder Erlaubnisse von Personen oder Institutionen.
Vertiefende Informationen finden Sie im Themenbereich „Autonomie der Selbsthilfe“ auf unserem Wissensportal nakos.de