Transparenz herstellen

„Unsere Gruppensprecherin ist gebeten worden, einen Artikel für die Kundenzeitschrift einer Pharmafirma zu verfassen. Sie war bei denen auch schon zu einer Veranstaltung eingeladen. Sie nimmt diese Kontakte sehr wichtig, aber redet nicht wirklich offen mit uns darüber. Ich mache mir schon Gedanken. Ich möchte sicher sein, dass sie keine persönlichen Vorteile aus dieser Zusammenarbeit zieht.“

Wenn sich die Mitglieder einer Selbsthilfegruppe untereinander nicht mehr vertrauen, ist die Gruppe in Gefahr. Deshalb sollten Entscheidungen über Kooperationen mit Dritten gemeinsam diskutiert und getroffen werden. Geschieht dies nicht, kann Misstrauen oder sogar ein Korruptionsverdacht entstehen. Der offene, transparente Umgang mit diesen Fragen dient auch der eigenen Reflexion:

„Wer Entscheidungen transparent macht, stellt sie auf diese Weise zur Diskussion. Sie dient der eigenen Selbstvergewisserung, ob diese Entscheidung nachvollziehbar dargestellt werden kann und mit den Zielen und Aufgaben einer Selbsthilfeorganisation im Einklang steht. Insoweit ist die Transparenz von Entscheidungen wesentlich für die Ausgestaltung der Unabhängigkeit und Neutralität der Selbsthilfeorganisation sowie ihre innerverbandliche demokratische Willensbildung.“ (BAG Selbsthilfe / FORUM 2013)

Transparenz dient auch der Gruppe nach außen

Die finanzielle Unterstützung der Selbsthilfe durch Unternehmen der Gesundheitswirtschaft hat viele negative Schlagzeilen hervorgebracht. Die Glaubwürdigkeit der Selbsthilfe insgesamt gerät in Gefahr, wenn die Beziehungen zwischen Unternehmen und Selbsthilfeaktiven für Außenstehende undurchschaubar sind. Die Selbsthilfe ist gut beraten, sich in dieser Frage transparent zu verhalten – also umfänglich und vollständig in Jahresberichten, Mitgliederzeitschriften oder auf der Homepage über inhaltliche und finanzielle Kooperationen mit Herstellern von Arznei- und Hilfsmitteln, aber auch mit Ärzt*innen, Kliniken und anderen Leistungsanbietern zu informieren.

Von wem hat die Gruppe finanzielle Mittel erhalten, zum Beispiel in Form von Spenden, Sponsoringmitteln oder Fördermitgliedschaften? Wie hoch waren diese? Wofür sind diese verwendet worden und welche Gegenleistungen waren gegebenenfalls Teil der Absprache? Mit wem hat die Gruppe inhaltlich zusammen gearbeitet? Zu welchem Zweck wurde diese Zusammenarbeit vereinbart?

Freiwillige Selbstkontrolle
Im Zuge der öffentlichen Diskussion über Zahlungen von Pharmaunternehmen an die Selbsthilfe hat sich eine Reihe von Arzneimittelherstellern im Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ zusammengeschlossen. Sie haben sich auf einen Kodex verpflichtet und darauf, ihr Sponsoring und ihre Spenden an die Selbsthilfe auf ihren jeweiligen Internetseiten zu veröffentlichen (FSA 2020). Ob diese freiwillige Selbstkontrolle tatsächlich dazu beigetragen hat, Fehlverhalten zu beseitigen, ist allerdings bislang nicht belegt.

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Vertiefende Informationen finden Sie im Themenbereich „Autonomie der Selbsthilfe“ auf unserem Wissensportal nakos.de